Thomas Lang lebt und arbeitet in Stuttgart als Anwalt, Kabarettist und Autor. Seit 2015 schreibt er an seinem Bierkrimi. Inzwischen gibt es vier Bände davon. Der fünfte kommt im März 2023 raus. Goldberg und die Tränen der Madonna.
Ein Jurist mit Hang zu Witz und Bier
Thomas Lang macht nicht nur seit Jahren Kabarett, sondern schreibt auch sehr lustige Krimis – wenn ihm seine Arbeit als Jurist die Zeit lässt. Das Porträt eines Hansdampf in den Stuttgarter Gassen.
Stuttgart - Um zu erklären, warum sich Thomas Lang in seiner Freizeit dem Witz und der Satire verschrieben hat, lohnt vielleicht ein Blick auf seine eigentliche Profession. In seinem Berufsleben widmet sich Thomas Lang seit 17 Jahren dem Arbeitsrecht – eine „einzige, große Wiederholung“, wie er sagt. Zwar werde über Details gestritten, aber grundlegend wandele sich das Recht dann doch nicht. Und ob die große Abwechslung, die vor einigen Monaten über Langs Juristerei hereingebrochen ist, für so viel mehr Spaß sorgt, ist wohl Ansichtssache: Seit Monaten berät Lang die Mitglieder des Handelsverbandes Baden-Württemberg in Sachen EU-Datenschutzgrundverordnung.
Da ist ein bisschen humorvolle Abwechslung nach Feierabend durchaus angebracht. Die pflegt der gebürtige Badener Thomas Lang – zum Beispiel im Stuttgarter Juristenkabarett, eine Institution, die mehr als fünf Jahrzehnte auf dem Buckel hat und zu der Lang 1996 noch als Student gestoßen ist. Seither gehört er zum Ensemble und macht in schöner Regelmäßigkeit im Renitenztheater oder auch im Theaterhaus und auf Juristentagen Witze über skurrile Ehescheidungsprozesse und andere Absonderlichkeiten des juristischen Alltags.
Hang zu schrägen Kneipen
Seit drei Jahren schreibt Thomas Lang auch Krimis. Der dritte ist soeben erschienen und heißt „Goldbergs heiliges Fass“. In allen Krimis verbindet Lang das, was ihn umtreibt: Die kriminelle Abteilung der Rechtsweserei, seinen Hang zum Satirischen – sowie die Leidenschaft für gutes Bier und die dazu gehörigen, eher liebenswert-schrägen Kneipen mit spelunkiger Anmutung. So wie die Gaststätte Schdäffele in der Forststraße im Stuttgarter Westen, in deren rustikalen Biergarten Lang zum Gespräch eingeladen hat. Mit skurrilen Kneipen kennt sich Lang bestens aus: Seit Jahren füllt er mit einigen anderen Autoren die Schräggastro-Rubrik im Stadtmagazin Lift.
Von Massenbier aus der Produktion global agierender Getränkekonzerne hält Lang nichts, dem Trend zum Craftbeer, also modernen Bierspezialitäten aus kleinen, lokalen Brauereien, steht er wohlwollend-kritisch gegenüber. Genauso geht es, man kann es wohl so sagen, seinem Alter Ego in den Krimis: Privatermittler Minkin, der vom aus dem Hintergrund agierenden Schmuckhändler Goldberg in jedem Krimi-Band auf eine Mission Impossible geschickt wird, die früher oder später in die Botnanger Waldklause führt. Minkin ist ein bisschen aus der Zeit gefallen, ist lieber mit dem Zug als mit dem Flugzeug unterwegs, das Wegebier fest in der Hand und insgesamt auf Entschleunigung bedacht – „aber ohne Yoga“, wie Lang mit einem Augenzwinkern betont.
Mehr Bühnenshow als Lesung
Im ersten Band muss Minkin einer geheimnisvollen Liste hinterherforschen, im zweiten die Weltformel des Bieres vor einem globalen Konzern beschützen und im dritten das Heilige Fass finden, das einer Legende nach beim Abendmahl Jesu mit seinen Aposteln geleert worden sein soll. Das ist natürlich haarsträubender Unsinn, aber so lakonisch-lustig und mit ganz viel Kabarettsprache erzählt, dass der Leser Langs Fabulierkunst gerne glaubt.
Weil in Thomas Lang mindestens so viel Kabarettist wie Autor steckt, sind seine Lesungen, die er in loser Folge veranstaltet, eher eine Bühnenshow. „Die Menschen haben ein Recht darauf, unterhalten zu werden“, sagt er. Mit einer klassischen Lesung hat er es probiert. „Aber das war gar nicht mein Ding.“ Deshalb hat er nun meistens einen Musiker oder auch mal einen Biersommelier dabei, tritt nicht nur in Buchhandlungen und bei Buchmessen auf, sondern auch einmal in einer Brauerei oder in einer seiner geliebten Schräggastros.
Wann der vierte Band von Langs Bierkrimis erscheint, ist zurzeit offen. Die Datenschutzgrundverordnung frisst viel Zeit. Thomas Lang denkt darüber nach, den Hopfen zum Thema des vierten Bandes zu machen. Doch noch fehlt ihm die Inspiration. Die bekommt er vielleicht auf seiner Zugreise ins ukrainische Lwiw (deutsch: Lemberg), die er sich zu seinem 50. Geburtstag gönnt. Die Liebe zur Zugreise, der Bierauswahl wegen am liebsten in österreichischen oder französischen Zügen, hat er seinem Minkin ebenfalls mitgegeben.
Die Krimis von Thomas Lang sind im Oertel+Spörer-Verlag erhältlich.
Von Lukas Jenkner, StN
Eine Lanze für die ehrliche Kneipe
Das ungewöhnlichste Buch in diesem appetitlichen Überblick hat der Stuttgarter Thomas Lang vorgelegt. Lang ist eigentlich Anwalt für Arbeitsrecht, seit Jahren fester Bestandteil des Juristen-Kabaretts und im „Stuttgartmagazin Lift“ für die Kolumne Schräggastro zuständig. Nun hat Thomas Lang mit „Goldbergs Liste – Minkins erster Zufall“ auch noch den ersten Schräggastro-Krimi vorgelegt. Der ehemalige Staatsanwalt Minkin hat einen ausgewiesenen Hang zu Brauerei-Erzeugnissen. In seinem ersten (Zu-)Fall schlägt er sich mit dem größtmöglichen Bösen herum: einem Lebensmittelchemiekonzern, der unschuldiges Bier durch unschöne Zutaten verunstalten möchte.So ist Langs Buch auch weniger als weiterer Regionalkrimi zu sehen, sondern eher als Lokalkrimi im Sinne eines Wirtshausdramas zu lesen, in das jede Menge Wissen über Brauereien aus Stuttgart und Württemberg fließt – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Dazu setzt sich Thomas Lang in einer denkbar knappen Sprache auf lakonische Weise mit dem Sittenverfall durch Erlebnisgastronomie auseinander, bricht eine Lanze für die ehrliche Kneipe von nebenan und lässt seinen trinkenden Ermittler Anekdoten erzählen aus längst verlorenen Orten wie dem legendären Budvar-Keller an der Olgastraße. Dort war der Feinstaubgehalt höher als am Neckartor, die Legenden-Dichte versöhnte aber auch Nichtraucher mit der unguten Frischluftsituation und für ein Pils nahm sich die Wirtin noch Zeit, bis die Krone ideal war.
Stuttgarter Zeitung vom 04.11.2015
Kurze, geradlinige, mitunter knurrige Sätze – dunkle, speckige, aufs Wesentliche reduzierte Kneipen, schräge Gestalten, die bei näherem Hinsehen (Hinlesen) Typen wie du und ich sind und auf verspielte Drinks verzichten, lieber bei Bier und Schnaps bleiben: Thomas Langs Pilsbar-Krimi “Goldbergs Liste” hat vieles von dem, was Männer erdet und doch so glücklich macht.
Minkin, Protagonist, Ex-Staatsanwalt und Ermittler, stöbert bei seinem “ersten Zufall” eine geheime Liste auf. Vom Stuttgarter Arbeiterviertel nach Spanien und wieder zurück. Minkin ist so wie wir Männer wären, würden wir uns verantwortungsfrei ohne sexuelle Spannungen im Orbit bewegen können. Er ist die Projektionsfläche unserer Träume. Unserer anderen Träume. Träume ohne Autos, Geld und Sex, in denen es keine Konventionen gibt, wonach man kein Bier vor 16 Uhr zu sich nehmen soll und es auch keine Rolle spielt, ob man angeschossen mit Bierfahne ums Eck kommt, oder nicht. Eine Figur, die bei der Arbeit in den Tag hinein lebt. Ausgestattet mit direktem, trockenen Humor, stets trockener Kehle und menschlichen Begegnungen der dritten, ja vielleicht schon vierten oder fünften Art. Unterm Strich aber ganz normale Leute, die Thomas Lang zu Figuren des schrägen Alltags macht.
Zwischen überraschenden Wendungen und spannenden Annäherungen an eine Art Lösung, ist Thomas Lang ganz nebenbei eine Hommage an die gute alte Eck-Kneipe gelungen und gleichzeitig ein Lokalkrimi, der sich nicht mit dem eigentlichen Genre auseinandersetzt. Wie gut, denn sonst würde – wie so oft in derart anbiedernden Geschichten – die Handlung zugunsten einer Ortsverehrung leiden und untergehen. Nein, “Goldbergs Liste” ist durchaus mit Zuneigung zu Stuttgart versehen, aber zu einem Stuttgart, das in keinem Führer (außer seinem eigenen über die Schräggastronomie vielleicht) existiert.
“Goldbergs Liste” ist ein Buch, das durstig macht. Es ist ein echtes Männerbuch. Es ist ein Buch, das Einflüsse aus seligen Vokuhila-Zeiten nicht leugnet, genauso wenig wie die Jugendzeit des Autors in den 80ern. Einer Zeit, in der man höchstens drei Sorten Bier zur Auswahl hatte und auch sonst schnell zur Sache kam. Das tut Thomas Lang. In den beschriebenen kurzen Sätzen. Mit lakonischen Pointen und der Tugend der Gelassenheit. Oder wie es Minkin ausdrücken würde: „Einer muss es halt richten, Bruce Willis oder ich.“
Der Autor: Thomas Lang kommt ursprünglich aus dem Kraichgau, ist Anwalt für Arbeitsrecht und hat vier Kinder. Neben seinem literarischen Schaffen ist er auch außerhalb seiner Figur Minkin ein lustiger Typ – zum Beispiel im Stuttgarter Juristen-Kabarett. Oder bei jeder Begegnung im Alltag.
Bier in Stuttgart Blog: von Axel Grehl 15.12.15
Am Tresen der Wahrheit
Kraichgau Thomas Lang meint das alles nicht bierernst, aber es ist ihm schon Ernst mit dem Bier. Der Stuttgarter Anwalt und Kolumnist, aufgewachsen in Kirchardt-Berwangen, hat mit "Goldbergs Liste" einen außergewöhnlichen Regiokrimi geschrieben.
Die "ehrliche Eckkneipe" liegt Krimiautor Thomas Lang am Herzen. In seinem Erstling spielt auch die Kraichgauer Brauerszene eine Rolle.
Es ist ein Plädoyer für ehrliche Braukunst, ein Tour durch die real existierende Kneipen-Halbwelt und ein schräges Verschwörungsmärchen. Mittendrin: der Kraichgau.
Regiokrimi? Den Verlagsmanagern ringen Autoren damit meist ein müdes Lächeln ab. Das Feld der Heimat-Thriller scheint abgegrast, die Polizeireviere zwischen Tübingen und Heilbronn, Bad Saulgau und Südschwarzwald in festen Händen. Regionalkrimi klingt nach Regionalliga. "Der Trend ebbt schon wieder ab", weiß Thomas Lang.
Der 47-Jährige hat es trotzdem getan und meint, seine Nische gefunden zu haben. "Ironisch-satirisch, nicht so ernst" sollen die "Zufälle" des Ermittlers Minkin daherkommen. Und dann ist da das Leitthema: Bier.
Für Minkin, den schnoddrigen Ex-Staatsanwalt, der Radler und Systemgastro verachtet, ist der Weg zur Wahrheit gesäumt von so manchem Pils. Er holt sich Tipps am Tresen von ähnlich skurrilen Typen. Oft spielt die Handlung in realen Kneipen der Landeshauptstadt, die Thomas Lang in seiner "Schräggastro"-Kolumne für ein Szenemagazin weidlich vorgestellt hat. Untertitel: "Wir gehen da hin, wo Sie sich nicht hintrauen."
Gerne traut sich Thomas Lang in den Kraichgau. Hier, in Kirchardt-Berwangen, ist er aufgewachsen, hier besucht er regelmäßig seine Mutter. "Der Kraichgau ist stolz auf sein Getreide, es gibt gutes Bier", sieht er den perfekten Steilpass für seinen Brauer-Plot. Der Wahl-Stuttgarter und Vater von vier Kindern hat die Realschule Eppingen besucht, als sie noch in Elsenz untergebracht war.
Beim Kraichgau-Raiffeisen-Zentrum absolvierte er eine Ausbildung zum Kaufmann, bevor er mit Anfang 20 zum Studium nach Tübingen ging und die Juristenkarriere einschlug. Schwerpunkt: Arbeitsrecht. Nebenher nimmt er die eigene Zunft auf die Schippe, seit 20 Jahren tritt Lang mit dem Stuttgarter Juristenkabarett auf. Die Juristen in "Goldbergs Liste" sind oft dem schönen Leben zugeneigt: "In dubio Prosecco".
Jugend im Kraichgau der 80er Jahre: "Da gab es nicht viel", meint Lang. Die jungen Leute zog es ins Gemminger Freibad, zum Minigolf nach Leingarten oder zum Autohof nach Sinsheim. "Dort", erinnert er sich, "gab es 24 Stunden Schnitzel." Heute fällt sein Urteil weit wohlwollender aus: "Der Landstrich hat sich gemacht, auch Eppingen hat sich toll entwickelt."
Im Buch ist der Kraichgau Hort generationstypischer Gruseldrinks wie Bananenweizen oder Korea (Wer sich nicht erinnert: Cola mit Wein), aber auch Refugium gewissenhafter Kleinbrauer, die auf handwerkliche Kunst Wert legen und sich den Werbeversuchen der Panscher-Mafia schmallippig entziehen. Eppingen, Zuzenhausen, Bad Rappenau - sie schmeicheln Minkins Genießerseele, bevor er bei einer wüsten Schlägerei am Gemminger Bahnhof aufgemischt wird.
Das Ganze ist ein Mords-Lesespaß, augenzwinkernd vorgetragen, aber doch mit einem Funken Ernsthaftigkeit. Schon bei seiner "Schräggastro"-Kolumne ging es Lang nicht darum, Pinten in die Pfanne zu hauen: "Das war eher positiv, ein Plädoyer für die ehrliche Eckkneipe." Die sieht er vom Trend zum Immergleichen bedroht, nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern auch auf dem Land. Ein Hoffnungsschimmer ist für ihn der Trend zum Craft-Bier, handgemacht, regional verwurzelt - so wie Minkin, der vielleicht bald wieder durch den Kraichgau streift. Der zweite "Zufall" ist in Arbeit.
Alexander Hettich, Heilbronner Stimme